****** What an album!<br><br>Obwohl ich die MTV Video Music Awards wie immer nicht live gesehen habe, trug sich mir schnell die Kunde vom überraschenden neuen Album von Miley Cyrus zu. Als ich die Tracklist sah, entkam mir erst mal ein Seufzen: 23 Songs! Da war aber jemand etwas übermotiviert.<br><br>Neugierig war ich natürlich trotzdem und so hörte ich mir "Miley Cyrus And Her Dead Petz" vor drei Tagen erstmals an und wurde Zeuge einer musikalischen Wandlung, wie ich sie in all den Jahren, in denen ich nun Musik höre, noch nie erlebt habe.<br><br>Vor nicht mal zwei Jahren kam Miley Cyrus, der einstmalige Disney-Star, am Gipfel des Popolymps an. Gerade mit "Wrecking Ball" gelang ihr ein Mega-Hit, der sie zu einer der bekanntesten Popsängerin der Gegenwart machte. Schon in der "Bangerz"-Ära gab sich Miley zwar unangepasst, doch die künstlerische Emanzipation gelang ihr nicht. Zwar war "Bangerz" ein solides Popalbum, aber der Einfluss ihrer Plattenfirma auf die Songs war unüberhörbar. Nur nicht zu unkonventionell, immer schön eingängig, um nur ja keinen Fan zu verschrecken.<br><br>Mit "Miley Cyrus And Her Dead Petz" setzt Miley zum Befreiungsschlag an und zeigt ihrer Plattenfirma den imaginären Mittelfinger. Im Alleingang finanzierte sie das Album, scharte die Alternativ-Rockband "The Flaming Lips" um sich und nahm mal eben ein Album auf, welches niemand so erwarten hat können. Das ist nicht mehr die Popgöre, die alles macht, was die geldbesessene Plattenfirma erwartet, sondern eine Künstlerin, die - vielleicht zum ersten Mal in ihrem Leben - genau die Musik macht, die sie immer schon machen wollte und mit der sie sich am authentischsten ausdrücken kann. Die drei Songs über Mileys verstorbene Haustiere, welche dem Album den Titel geben, nämlich "The Floyd Song", "Pablow The Blowfish" und "Twinkle Song", gehen alle sehr tief. Wenn sich Mileys Stimme am Ende von "Pablow" in Tränen verliert oder sie in "Twinkle Song" plötzlich extrem impulsiv und laut schreit "What does it mean?", dann muss ich selbst mit den Tränen kämpfen, und das passiert mir beim Hören von Musik nur äußerst selten.<br><br>Nicht weniger beeindruckend sind die vielen psychedelischen Tracks, die es auf "Dead Petz" zu hören gibt: "Space Boots", "Cyrus Skies" und "Evil Is But A Shadow" sind allesamt atemberaubend und heben mich in höhere Sphären. Dass so viel musikalisches Talent in Frau Cyrus schlummert, war bisher nicht ansatzweise zu erahnen.<br><br>Und sogar die eingängigeren Momente des Albums sind keine platten Plastiksongs, sondern überzeugen mit Qualität: "1 Sun" beispielsweise versetzt mich in eine ganz einzigartige Stimmung, oder das von Mike Will Made It produzierte "Bang Me Box" wächst mit jedem Hören mehr und mehr zu einer höchst souveränen und coolen Funkpop-Nummer heran, zu der man unweigerlich tanzen möchte.<br><br>Aber anstatt weiter auf einzelne Songs einzugehen (natürlich gibt es auch welche, die einfach nur nett sind), nenne ich noch ein weiteres interessantes Faktum: Die Songs wurden nicht glattproduziert und klingen dadurch rauer, direkter und ehrlicher als alles, was Miley bislang gemacht hat. Sie lässt sich nicht mehr verheizen. Dadurch, dass es das Album nicht zu kaufen gibt, verweigert Miley auch das leidige Spiel mit den Verkaufscharts, die sowieso im selben Maß lächerlicher werden wie die Hits immer kalkulierter werden. Zudem erreicht sie dadurch, dass sich die Diskussionen über das Album auf die Musik konzentieren müssen und nicht auf den Erfolg.<br><br>Abgesehen von der Tatsache, dass ich nach "Dead Petz" mittlerweile süchtig bin, steigt das Album auch noch dadurch in meiner Gunst, da sie sich etwas getraut hat, was sich eine Katy Perry und schon gar nicht eine aalglatte Taylor Swift jemals trauen oder überhaupt können würde: sich von den Fängen der kommerziellen Musikindustrie zu befreien und Musik zu machen, die wirklich Gehalt hat. Mit Spannung erwarte ich das nächste Album: lässt sie sich wieder auf eine normale Popplatte ein oder verfolgt sie den enorm spannenden Weg, den sie hiermit eingeschlagen hat, weiter? Die Fans hoffen Ersteres, ich definitiv Zweiteres. Letzten Endes kann ich dem Album nichts anderes als die Höchstnote geben - über die "Dead Petz" wird man noch lange sprechen. Last edited: 04.09.2015 00:10 |